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Grundsteuer C

Mit der Reform der Grundsteuer im Jahr 2019 wurde im Rahmen des verabschiedeten Gesetzespakets auch den Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt, für baureife, aber unbebaute Grundstücke einen höheren Hebesatz festzulegen, wenn auf diesen keine Bebauung erfolgt. Zwar ist die Idee der Grundstücksmobilisierung mit Blick auf den in bestimmten Regionen angespannten Wohnungsmarkt grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings ist die als Mittel zur Lösung gewählte Grundsteuer C hierfür wenig zweckdienlich. Vielmehr ist die Ungeeignetheit der Grundsteuer C seit Anfang der 60er Jahre sogar empirisch belegt. Ungeachtet der Möglichkeit hierzu, sollten die Kommunen daher auf die Erhebung der Grundsteuer C verzichten.

1961 wurde die Grundsteuer C mit dem Ziel eingeführt, die stetig steigenden Preise für unbebaute sowie bebaubare Grundstücke in den Griff zu bekommen und ferner der vielerorts im Bundesgebiet in Erscheinung getretenen Baulandnot entgegenzuwirken. Eine Situation, die der heutigen Lage sehr ähnelt. Aus der Vergangenheit zu lernen, wäre mit Blick auf die damaligen Auswirkungen die richtige Devise gewesen. Wie schon der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages in Expertisen dargelegt hat, mussten damals nach der Einführung nämlich vor allem die finanzschwachen Bürger ihre Grundstücke verkaufen, während finanzstarke Bürger und Unternehmen profitierten. Im Ergebnis hatte sich das Grundstücksangebot entgegen den Erwartungen nicht vergrößert und der Markt der Grundstücksspekulanten erlebte einen unerwünschten Boom. Dementsprechend wurde die Grundsteuer C vom Gesetzgeber nach nur zwei Jahren wieder abgeschafft.

Neben der verfehlten Lenkungswirkung wurde die Grundsteuer C von den Bürgern ferner als unsozial und ungerecht empfunden, wodurch eine Vielzahl eingelegter Rechtsmittel die Finanzämter beschäftigte. Dass sich ein solches Empfinden der Bürger wiederholt, scheint vorprogrammiert.

Ferner muss man sich vergegenwärtigen, dass im Vorfeld der Bebauung ein langwieriges Verfahren mit den Genehmigungsbehörden nicht ausgeschlossen werden kann. Der hierbei entstehende Zeitverzug und die damit einhergehende Belastung mit der Grundsteuer C darf keinesfalls den hierfür nicht verantwortlichen Bürger treffen.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage der Investitionsbereitschaft von Investoren, wenn bei komplexeren Vorhaben die Notwenigkeit der detaillierten Auseinandersetzung mit dem Bebauungsplan oder gar ein sich anschließendes Normenkontrollverfahren die Wirtschaftlichkeitsberechnung negativ beeinträchtigt. Die Rolle der zuständigen staatlichen Stellen ist ambivalent: Sie sind „Herr des Baugenehmigungsverfahrens“, der Genehmigungsprozess liegt in ihrer Hand. Dabei haben sie auf der einen Seite ein Interesse, Bauvorhaben schnell umzusetzen, auf der anderen Seite würden Verzögerungen, die aus Rechtsmitteln gegen Baugenehmigungen oder Bebauungspläne resultieren, zu einem steigenden Grundsteueraufkommen führen, was in Zeiten chronisch klammer Kommunen möglicherweise zu Fehlanreizen führen könnte.

Auch würde mit der Einführung einer Grundsteuer C eine weitere Steigerung der Komplexität des Grundsteuerrechts einhergehen. Dabei sollte doch bei allen steuerlichen Neukonzeptionierungen auch immer die Vereinfachung des Steuerrechts angestrebt werden.

Abgesehen von der mangelnden Zielgenauigkeit, den gesellschaftspolitischen Gefahren sowie der administrativen Mehrbelastung stellt sich auch die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer C. Damit der gewünschte Lenkungseffekt der Grundsteuer C eintritt, müsste die Belastung durch diese Steuer beim Eigentümer wirtschaftlich stark spürbar sein. Insofern stünde sie in einem Spannungsverhältnis zu Artikel 14 GG und dem Verbot der Erdrosselungssteuer.

Es bleibt festzuhalten, dass man über die Wiedereinführung einer Grundsteuer C überrascht sein darf, da doch die Vergangenheit die genau gegenteilige und somit fatale Wirkung des eigentlich Beabsichtigten erwiesen hat.

Der ZIA fordert daher, dass die Kommunen auf die Erhebung der Grundsteuer C verzichten. Vielmehr sollten andere – nicht grundsteuerliche – Ansätze zur Mobilisierung von Bauland und somit zur Minderung der Attraktivität des spekulativen Grundstückshandels verfolgt werden. Die folgenden Maßnahmen zur Vereinfachung von Planung und Baulandgewinnung sind nach unserer Auffassung zweckdienlicher und sollten stattdessen verfolgt werden:

Transparenz erhöhen

Derzeit gibt es keinen öffentlichen Flächenplan, der Investoren eine Übersicht über bebaubare Flächen liefert. Durch eine öffentliche und transparente Ausweisung aller baureifen und planungsfähigen Flächen könnte der Investitionsprozess beschleunigt werden.

Baugenehmigungsverfahren beschleunigen

Längere Wartezeiten sind bei der Erteilung von Baugenehmigungen bei größeren Vorhaben keine Seltenheit, sondern die Regel. In den Bauämtern mangelt es erheblich an Personal, weshalb die Stellenanzahl in den Bauabteilungen der Kommunen erhöht werden sollte. Darüber hinaus muss die Digitalisierung der Verwaltung in den Fokus gerückt werden.

Die Abstimmung unter den Ämtern verzögert den Bauprozess unnötig. Es sollte eine einzige Stelle für Investoren geschaffen werden („One Stop Agency“), die die Koordination unter den Ämtern übernimmt.

Bauland effizient nutzen

Es müssen alle Flächenpotentiale ausgeschöpft werden, neuen Wohnraum zu schaffen. Der Wohnungsbedarf lässt sich nicht allein durch den Geschosswohnungsneubau verwirklichen. Entsprechend sollte die Schließung von Baulücken und der Dachgeschossausbau forciert werden, der aber zum Teil noch durch die Stellplatzpflicht behindert wird.

Die Planungsvoraussetzungen müssen den Bedarfen angepasst werden. Die nachhaltige und lebenswerte Stadt der Zukunft ist eine Stadt der kurzen Wege und braucht daher Mischformen von Wohnen, Handel, Logistik, Büro, Hotel und auch einen immer stärkeren Fokus auf Gesundheitsimmobilien. Ferner muss höher gebaut werden können, wie zum Beispiel in Wien, und es muss mehr Flexibilität in Sachen Lärm, wie zum Beispiel in Holland geschaffen werden. Durch die Verdichtung der Städte mit Augenmaß, wird Wohn- und Wirtschaftraum geschaffen, ohne dass Städte an Attraktivität verlieren müssen.

 

Stand: 01. August 2023

 

 

Stellungnahmen
Steuerrechtliche Position des ZIA zur Grundsteuerreform vom 5. September 2019 [PDF | 169 KB]
Download
Steuerrechtliche Position des ZIA zur Grundsteuerreform vom 14. Januar 2019 [PDF | 572 KB]
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Steuerrechtliche Positionen des ZIA zur Grunderwerbsteuer und Grundsteuer vom 12. Juli 2018 [PDF | 463 KB]
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Position des ZIA zur Grundsteuer C vom 28. Februar 2018 [PDF | 186 KB]
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Kontakt

Torsten Labetzki

Mitglied der Geschäftsleitung
Abteilungsleiter Recht und Steuern

Dr. Martin Lange

Senior Referent Steuerrecht