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Grundsteuerreform

Ab dem Kalenderjahr 2025 sind für die ca. 36 Millionen wirtschaftliche Grundbesitzeinheiten auf Grundlage des reformierten Grundsteuer- und Bewertungsrechts neue Bemessungsgrundlagen zu ermitteln. Die Mehrzahl der Bundesländer folgt bei der Reform dem Bundesmodell.

Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 musste der Gesetzgeber die Grundsteuer bis Ende 2019 neu regeln, da die bisherigen Einheitswerte zur Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig sind. Denn bisher wird die Grundsteuer anhand von Einheitswerten berechnet, die aus dem Jahr 1964 (betrifft die alten Bundesländer) bzw. aus dem Jahr 1935 (betrifft die neuen Bundesländer) stammen. Die tatsächliche Wertentwicklung eines Grundstücks wird durch diese Werte nicht widergespiegelt und gleichartige Grundstücke werden unterschiedlich behandelt.

Mit der Verabschiedung des Gesetzespakets zur Reform der Grundsteuer innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist ist der Bundesgesetzgeber dieser Pflicht nachgekommen. Nach intensiven Diskussionen um das richtige Modell wurden im Jahr 2019 folgendes Gesetzespaket verabschiedet:

  • Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts vom 26. November 2019 (BGBl 2019 I S. 1794)
  • Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 15. November 2019 (BGBl 2019 I S. 1546)
  • Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung vom 30. November 2019 (BGBl 2019 I S. 1875)

 

Gesetzesentwurf zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts

Der Entwurf sieht auf Bundesebene eine wertabhängige Berechnung des Grundsteuerwerts im Ertrags- bzw. Sachwertverfahren vor. Dabei spielen Kriterien wie Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Immobilienart, Gebäudealter und die sogenannten Mietniveaustufen nach dem Mikrozensus eine Rolle.

Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes

Durch die Grundgesetzänderung wird dem Bund uneingeschränkt die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Grundsteuer gegeben. Zugleich wird den Ländern über eine Ergänzung in Artikel 72 Absatz 3 des Grundgesetzes eine umfassende abweichende Regelungskompetenz eröffnet (Öffnungsklausel). Im Bereich der Grundsteuer B weichen das Saarland und Sachsen bei der Höhe der Steuermesszahlen vom Bundesmodell ab. Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen wenden ein eigenes Grundsteuermodell an. Eine Übersicht über die einzelnen Ländermodelle finden Sie weiter unten im Text.

Gesetz zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung

Durch den letztgenannten Gesetzesentwurf sollen Städte und Gemeinden die Möglichkeit der Festlegung eines erhöhten, einheitlichen Hebesatzes auf baureife Grundstücke erhalten (Grundsteuer C).

Modellkritik

Auf Bundesebene ist eine Ermittlung des Grundsteuerwerts mittels eines wertabhängigen Modells vorgesehen. Wertermittlungen von Immobilien sind jedoch komplex; insbesondere Wirtschaftsimmobilien sind als Spezialimmobilien nur schwerlich einer einfachen Bewertung zu unterziehen.

Hierdurch wird das Verfahren der Bedarfsbewertung, welches bisher im Rahmen der Grunderwerbsteuer sowie der Erbschaft- und Schenkungsteuer Anwendung findet, für die Grundsteuer übernommen. In den Fällen der Grunderwerbsteuer sowie der Erbschaft- und Schenkungssteuer gilt es jedoch zu beachten, dass es sich bei den zu erfassenden Sachverhalten um stichtagsbezogene Einzelfallbetrachtungen handelt. Die Grundsteuer ist hingegen ein Massenverfahren mit circa 36 Millionen notwendigen Grundstücksbewertungen, welche zyklisch und nicht nur einmalig durchgeführt werden müssen. Gerade das Erfordernis der wiederkehrenden Bewertung war bereits bei der Einheitswertfeststellung ursächlich für die Verfassungswidrigkeit, da die Wertfortschreibung pflichtwidrig unterlassen wurde. Die nun erforderlichen aufwendigen regelmäßigen Neubewertungen der Grundstücke bedeuten bei Anwendung dieses wertabhängigen Modells eine immense Bürokratiebelastung für alle Beteiligten.

Zudem handelt es sich bei dem wertabhängigen Modell um ein Berechnungsschema mit vielen Parametern, welche hinsichtlich der Bodenrichtwerte nicht justiziabel sind oder nur statistische Wertannahmen widerspiegeln. Wenn jedoch bereits die Berechnungsparameter eines Modells nur durch verallgemeinerte Werte gefüllt werden, kann das Modell kaum eine realitätsgetreue Wertberechnung liefern. Daher wäre es unseres Erachtens zielführender gewesen, von vornherein ein einfacheres Berechnungsmodell wie das Flächenmodell anzuwenden, als mit einem komplexen Modell die Illusion gerechter Werte aufrechtzuerhalten.

Neben diesen praktischen Erwägungen bestehen – wie Prof. Dr. Gregor Kirchhof in seinem Grundsteuer-Gutachten [PDF | 404 KB] nachweist – auch verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber dem Bundesmodell. So muss der Gesetzgeber die Grundsteuer in ihrem Belastungsgrund von anderen Steuern unterscheiden, den Belastungsgrund im Gesetz erkennbar regeln und nach diesem die Steuer gleichheitsgerecht und folgerichtig bemessen. Eine steuerliche Leistungsfähigkeit darf nicht doppelt besteuert, eine Steuer nicht zwei Mal geregelt und ein Steuertrag nicht mehrfach zugewiesen werden. Diese verfassungsrechtlichen Maßstäbe würde das vom Bund beschlossene Grundsteuergesetz verletzen.

In diesem Zusammenhang begrüßt der ZIA die von vielen Ländern genutzte Länderöffnungsklausel. In der Praxis hat sich bereits gezeigt, dass die Grundsteuerdeklaration in den Ländern mit einfacheren Modellen zu wesentlich weniger Praxisproblemen führt.

 

 

Allerdings gibt es auch bei einigen der in der Reformdiskussion diskutierten und von den Ländern teilweise aufgegriffenen Alternativmodellen zum Bundesmodell Kritikpunkte. So bestehen verfassungsrechtliche Einwände gegen das Verkehrswert- und das Kostenwertmodell, das Miet- und auch das Bodenwertmodell. Einzelheiten zur Modellkritik finden sich auch in dem Grundsteuer-Gutachten [PDF | 404 KB] von Prof. Dr. Gregor Kirchhof.

ZIA-Forderungen

Aufkommensneutralität muss gewährleistet sein

Das politische Versprechen einer aufkommensneutralen Grundsteuerreform ist einzuhalten. Die Aufkommensneutralität sollte dabei auf Ebene des kommunalen Steueraufkommens gewährleistet sein.

Vollzugsaufwand

Die Erhebungskosten der Grundsteuer sollten möglichst gering sein, um das Steueraufkommen nicht durch überhöhten Erfüllungsaufwand zu verschwenden. Wertermittlungen von Immobilien sind komplex und kostenintensiv. Dies gilt umso mehr für Wirtschaftsimmobilien als Spezialimmobilien. Die Erhebungskosten bei der Bewertung ohne Wertkomponente sind deutlich geringer als die Ermittlung im wertabhängigen Modell, zumal weniger Daten benötigt werden und keine regelmäßige Neubewertung der Fläche notwendig ist. Zur Entlastung der Erklärungspflichtigen muss die Finanzverwaltung zudem die digitale Datenbereitstellung und die digitale und einheitliche Bescheiderteilung vorantreiben. 

Keine Erhebung der Grundsteuer C

Die Grundsteuer C wurde in der Vergangenheit zurecht nach nur zwei Jahren wieder abgeschafft. Die gewünschte Lenkungswirkung wurde bereits damals verfehlt. Zur Mobilisierung von Bauland und somit zur Minderung der Attraktivität des spekulativen Grundstückshandels sollten Anreize außerhalb des Steuerrechts gesetzt werden. Siehe hierzu auch die Ausführungen zur Grundsteuer C.

Umlagefähigkeit der Grundsteuer

Eine mitunter geforderte Abschaffung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer würde nicht zu dem gewünschten Ziel führen, Wohnen preiswerter zu machen. Vielmehr würde eine solche Maßnahme dem Steuerpflichtigen finanzielle Mittel entziehen, die für den Neubau oder die energetische Modernisierung erforderlich sind. Ein Verbot der Umlagefähigkeit wäre darüber hinaus auch verfassungsrechtlich fragwürdig. Die hiermit verbundenen Eingriffe in die zahlreichen bestehenden Mietverhältnisse wären im Lichte der Eigentumsfreiheit und der Vertragsfreiheit als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Die Umlagefähigkeit ist elementares Wesensmerkmal der Grundsteuer, ohne welche sie zur verkappten Vermögensteuer würde.

 

Stand: 20. Juni 2023

 

 

Aktuelle Positionen, Stellungnahmen und Gutachten
Pressemitteilung vom 20. Mai 2020 [PDF | 231 KB]
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Grundsteuer-Gutachten von Prof. Gregor Kirchhof, April 2020 [PDF | 404 KB]
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Pressemitteilung des ZIA vom 17. Oktober 2019 [PDF | 106 KB]
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Pressemitteilung des ZIA vom 10. September 2019 [PDF | 111 KB]
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Steuerrechtliche Position des ZIA zur Grundsteuerreform vom 5. September 2019 [PDF | 169 KB]
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Steuerrechtliche Position des ZIA zur Grundsteuerreform vom 14. Januar 2019 [PDF | 572 KB]
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Pressemitteilung des ZIA vom 11. Januar 2019 [PDF | 89 KB]
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Vorläufige Ergebnisse eines Gutachten von Prof. Gregor Kirchhof zur Grundsteuerreform, Januar 2019 [PDF | 258 KB]
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Zehn Thesen zur Grundsteuer [PDF | 408 KB]
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Pressemitteilung des ZIA vom 12. Dezember 2018 [PDF | 134 KB]
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Pressemitteilung des ZIA vom 26. November 2018 [PDF | 134 KB]
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Pressemitteilung vom 17. September 2018 zum Gutachten des ifo Instituts zur Reform der Grundsteuer [PDF | 143 KB]
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Gutachten des ifo Instituts zur Reform der Grundsteuer vom 17. September 2018 [PDF | 610 KB]
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Steuerrechtliche Positionen des ZIA zur Grunderwerbsteuer und Grundsteuer vom 12. Juli 2018 [PDF | 463 KB]
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Steuerrechtliche Position des ZIA zur Grundsteuerreform [PDF | 298 KB]
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Pressemitteilung des ZIA vom 10. April 2018 [PDF | 81 KB]
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Kontakt

Torsten Labetzki

Mitglied der Geschäftsleitung
Abteilungsleiter Recht und Steuern

Dr. Martin Lange

Senior Referent Steuerrecht